Bienensterben in der Schweiz

Imkern in der Stadt Bern. Aber Wieso?

Bienenstöcke von Thomas Eberhard beim Bärengraben

Immer häufiger fiel uns in der grauen Stadtumgebung in Bern auf, wie viele Bienen die Strassen besuchten. Im Verlauf des Sommers haben wir erfahren, dass es tatsächlich Bienenstöcke auf den Dächern von Bern gibt, wie zum Beispiel auf dem Hotel Schweizerhof. Grundsätzlich freuten wir uns über ihren Besuch, da wir schon von klein auf mitbekommen haben, wie wichtig die fliegenden Bestäuberinnen für uns Menschen sind. Wir hatten nämlich vom illustrierenden Beispiel des Gebiets Sichuan in China gehört: dort würde aufgrund der Abwesenheit der Bienen ohne das Bestäuben des Obstes und Gemüses durch die Menschen Nichts mehr wachsen.1 Die Bienenbestände in der Schweiz gehen seit den 60er-Jahren drastisch zurück, obwohl die Gesellschaft für den Erhalt von Biodiversität auf sie angewiesen ist. Denn Bienen machen ungefähr 80% der Bestäubung in der Schweizer-Landwirtschaft aus.2 3 Paradoxerweise ist der Mensch wesentlich für das Schwinden der Bienen verantwortlich und nimmt zugleich die führende Rolle beim Erhalt der Bienenbestände ein.4 Dies wird unter anderem durch Imkern erreicht, wobei der Erhalt der Honigbienen (Apis) in den letzten Jahren verstärkt in Städten erfolgte.

Fragestellung und Methode

Der folgende Beitrag befasst sich mit dem Paradox, dass der Mensch dafür verantwortlich ist, dass es überhaupt noch so viele Bienen gibt, aber zugleich durch Globalisierung, Landwirtschaft, Pestizide und Zersiedelung der Auslöser des Bienensterbens war und weiterhin ist. Dabei haben wir eine kleine ethnographischen Forschung im Stadtgebiet von Bern gemacht, die auf Interviews mit drei Stadtimkern beruht. Nachfolgend erläutern wir die Gründe, wieso diese Nicht-Menschen für unser Überleben so wichtig sind und welche Rolle Menschen beim vermehrten Bienensterben in der Schweiz einnehmen. In der Forschungsarbeit sind wir der Frage nachgegangen, wieso in Städten geimkert wird und in welchem Zusammenhang dies mit der Landwirtschaft steht.

Interviewpartner

Stephan Hirschi

Teil des Vorstandes Bienen Bern sowie Ausbildner und Berater.

Imkert seit 9 Jahren.

Pan Gander

Macht seit einigen Jahren seinen eigenen Bio Honig.

Imkert seit 11 Jahren.

Thomas Eberhard

Berner Stadtimker beim Bärenplatz seit vielen Jahren.

Imkert seit 16 Jahren.

Die Globalisierung führt zur Milbe

Wir treffen Stephan Hirschi beim Salem Spital in Bern. Zusammen gehen wir eine Strasse hinunter, zwischen zwei Häuser hindurch und schon sehen wir die Bienenstöcke.

Wir stehen noch am Anfang unserer Recherche zum Thema Bienensterben und dem Stadt-Imker*innen-Boom. Es gilt nun, das bisher Gelesene zu strukturieren und in der Praxis einzuordnen. Dafür hätten wir uns wohl kaum einen besseren ersten Interviewpartner aussuchen können. Stephan Hirschi imkert seit neun Jahren, doch seine Faszination für die Tiere begann schon viel früher. Schon als Jugendlicher interessiert er sich für das Thema Imkerei und kann seine Eltern überzeugen, damit anzufangen. Er selbst findet aus Zeitgründen erst einiges später dazu. Als Ausbildner für Jungimker*innen hat er den Boom der Imkerei direkt miterlebt. Die Warteliste für die zehn Ausbildungsplätze pro Jahr ist lang, obwohl es im Kanton Bern keine Vorschrift gibt, einen solchen Kurs besuchen zu müssen, um Imkern zu dürfen. Im Gespräch mit Stephan Hirschi ist seine Leidenschaft für das nachhaltige Zusammenleben zwischen Menschen und Biene herauszuhören. Doch Bienen sind nicht die einzigen Tiere, denen wir rund um den Ausbildungsraum begegnen: das Krähen eines Hahns ergänzt zu Beginn des Interviews unser Gespräch mehrmals und eine Maussichtung rundet zum Schluss das Gespräch ab. «Ja, ein kleines Biotop hier», scherzt Stephan Hirschi. Das Zusammenleben von Menschen und Tier nimmt auch in der Imkerei eine zentrale Rolle ein, denn für die meisten Gefahren für die Bienen ist der Mensch verantwortlich. Als aktuell grösste Herausforderung nennt Stephan Hirschi die aus Asien eingeschleppte Varroamilbe. Gut sichtbar hängt im Ausbildungsraum ein Plakat, das den Einfluss der Varroamilbe auf ein unbehandeltes Bienenvolk zeigt. Hierbei wird ein negativer Aspekt des Booms sichtbar. In der Ausbildung wird den Jungimker*innen nahegelegt, nicht zu viele Stöcke zu halten, da sich sonst die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass sich die Bienen verfliegen, wodurch sich Krankheiten und eben auch die Varroamilben schneller ausbreiten und schwieriger zu kontrollieren sind.

Exkurs Varroamilben und Krankheiten

Die Varroamilben (Varroa destructor) gelten als ein Hauptgrund für das Sterben von Bienenvölkern.5 Durch die Milbe als Träger können sich weitere Krankheiten und Infektionen schnell verbreiten.6

Die Milbe wurde erstmals 1967 entdeckt. Sie wurde aus Ostasien importiert und war ursprünglich ein Parasit der asiatischen Honigbiene (Apis cerana).7 Dadurch, dass Imker*innen ihre Völker zur Zucht nach Asien brachten und sie teilweise wieder nach Europa zurückführten, hat sich der Parasit in ganz Europa sowie mittlerweile in Afrika und Amerika verbreitet.8 9 Durch das Einschleppen konnten sich die mitteleuropäische Honigbienen nicht durch Co-Evolution mit ihr entwickeln und kommen heute kaum mit der Milbe zurecht.10

Die kaum zwei Millimeter grosse Varroamilben hält sich an dem Bienenkörper fest und ernährt sich von deren Fettkörper. Damit sich die Milbe fortpflanzen kann, nistet sie sich in den Brutzellen der Bienen ein, versteckt sich unter der Bienenlarve und ernährt sich dort von dieser.11 Das hat zur Folge, dass die Bienen-Brut massive Verluste erleidet. Folgen können Entwicklungsstörungen oder Missbildungen sein. Bei erwachsenen Bienen führen die Milben zur Schwächung des Immunsystems. Dabei funktioniert die Entgiftung weniger gut und die Bienen sind anfälliger für Probleme, die durch Pestizide oder andere körperfremde chemische Stoffe verursacht werden können. Ohne die Behandlung durch Imker*innen wäre das Überleben der Honigbiene auf Grund der Milben nicht mehr möglich.12

Ziel ist es, Bienenvölker zu züchten, die gegen die Varroamilbe resistent sind, denn interessanterweise scheinen die Milben den Wildbienen nichts anhaben zu können. Leider ist absehbar, dass sich nicht-europäische Parasiten und Krankheitserreger von Honigbienen weiterhin auch in der Schweiz verbreiten. So gibt es beispielsweise immer mehr der eigentlich in Südostasien heimischen Hornisse (Vespa velutina). Diese ernährt sich von Bienen. Sie kam wegen des Klimawandels aus Asien über Spanien nach Europa und dringt immer weiter in den wärmer werdenden Norden vor.13

Quelle: Bayer Bee Care Center. 2019. ‘Ein Gefährlicher Bienenparasit . Die Varroa-Milbe’.11. 2019.

Den Fall der Varroamilben betont unser zweiter Interviewpartner Thomas Eberhard gleichermassen stark. Thomas Eberhard imkert seit 2006 und hat somit den Boom und die damit einhergehenden Veränderungen ebenfalls beobachtet. Je mehr Menschen Bienen halten, desto schwieriger fällt die Vernetzung und der Austausch der Imker*innen untereinander. Wenn nun bei den eigenen Völkern eine Varroa-Behandlung erfolgreich durchgeführt wurde, jemand in der Nähe dies mit seinen Völkern allerdings nicht tut, wird es nicht lange dauern, bis in den eigenen Völkern erneut Milben auftauchen. Was die Varroa-Behandlung angeht, sind sich die beiden Bienenspezialisten auch einig: idealerweise würde nicht mit Ameisensäure behandelt werden. Der Dampf der Ameisensäure dringt in die Waben ein und tötet die Varroamilben und schadet den Bienen dabei nicht.14 Die Bienen hätten eigentlich die Fähigkeiten dazu, sich gegen die Varroamilbe zu wehren, bedienen sich dieser jedoch noch nicht. Zum Beispiel wurde bereits beobachtet, wie Bienen die Deckel der Zellen wieder öffneten, da sie einen Varroabefall an der sich darin befindenden Larve erkannten. Dies wäre die gewünschte Vorgehensweise, denn sowohl Stephan Hirschi als auch Thomas Eberhard hegen die Befürchtung, dass durch die intensive Varroa-Behandlung resistente Milben herangezüchtet werden, welche dann nicht mehr so einfach loszuwerden sind. Momentan behandeln jedoch beide ihre Völker mit Ameisensäure. Thomas Eberhard ist ständig auf der Suche nach alternativen Methoden die Varroamilben zu bekämpfen, wie beispielsweise der Verwendung von ätherischen Ölen, Brutstopp, Skorpionen oder Wärme. Stephan Hirschi versucht gezielt Bienen züchtet, die selbst mit den Varroamilben zurechtkommen.

Die Landwirtschaft und Grüne Wüste

Die zweite grosse Herausforderung für die Bienen stellt für die beiden Stadt-Imker kein grosses Problem dar: die Landwirtschaft. Dabei sind zwei Aspekte zu beleuchten. Der erste ist schon seit längerer Zeit in aller Munde, denn dass Pestizide eine Gefahr für Insekten und somit auch für Bienen darstellen, ist bekannt. In Aufklärungskampagnen wurde in den letzten Jahren bereits viel investiert und viele Landwirt*innen sind diesbezüglich sensibilisiert. Allerdings können Pestizide den Bienen heute noch gefährlich werden. Stephan Hirschi betont die latenten Vergiftungen, wie sie zum Beispiel nach dem Einsatz von Neonicotinoiden vorkommen können. Dabei kann es zu Orientierungsschwierigkeiten kommen. Wenn zu viele Bienen davon betroffen sind und aus diesem Grund den Weg zurück in den Stock nicht mehr finden, kann dies ein Volk stark schwächen. Besonders gefährlich wird es, wenn die Bienen zusätzlich von Varroamilben geschwächt wurden.

Exkurs Bienen auf dem Land

Durch die Förderung von Monokulturen in der Landwirtschaft, das Verwenden von Insektiziden, einer aufgeräumten Umgebung und die Zersiedelung, gehen die Bienenbestände zurück. Teilweise flächendeckende Monokulturen lassen zu wenig Biodiversität für Wild- und Honigbienen übrig. Zusätzlich werden häufig Neonicotinoide in der Landwirtschaft verwendet. Neonicotinoide sind Pflanzenschutzmittel die starken Nervengifte beinhalten. Sie werden vor allem von Imker*innen kritisiert, da sie Bienen durch das Nervengift schwächen oder sogar töten.15 Die Neonicotinoide verteilen sich beim Wachstum einer Pflanze auf die Pollen und den Nektar. Dieses Gift schädigt das Nervensystem der Bienen, verursacht Störung des Sammelmusters, beeinträchtigt das Sammelverhalten, führt zu physiologischen und neurotoxischen Folgen, wobei die Kommunikation, Navigation und Pollensammelfähigkeit der Bienen stark verzerrt wird.16

Dabei ist der Verlust der gratis arbeitenden Bienen in der Landwirtschaft verheerend für die Gesellschaft. Viele vitaminreiche Pflanzen sind auf die Bestäubung durch Bienen angewiesen und diese Bestäubung erhöht den landwirtschaftlichen Ertrag massiv. Bei Obstbäumen oder Beerenstauden zum Beispiel sorgen sie für 65% des Ertrages, bei Gurken oder Kürbisse sogar für 95%.17 Die logische Schlussfolgerung wäre also die Zusammenarbeit mit den Bienen. Als Beispiel wäre hierbei die Firma Ricola zu nennen. Die Firma macht auf das Bienensterben aufmerksam und wirbt aktiv damit, wie Bienen geholfen werden kann.18 Der schlussendliche profitorientierte Grundgedanke hat sehr positive Effekte. Trotzdem ist es paradox, wie genau dieser Profitgedanke und das Eingreifen in die Natur durch die Menschen die eigentlichen Gründe für das Bienensterben sind.

Dass Pestizide nicht harmlos sind, zeigt auch eine Geschichte unseres dritten Interviewpartners, Pan Gander. Während wir Thomas Eberhard in der Berner Innenstadt trafen und später seine Bienen beim Bärengraben bestaunen konnten, treffen wir Pan Gander in Wohlen nach einer zirka 20-minütigen Postautofahrt und einem zusätzlich 10-minütigen Spaziergang, welcher uns an Feldern und Bauernhöfen verbeibrachte und einen wunderschönen Ausblick in die Berner Alpen zu bieten hatte.

Direkt vor Pan Ganders Bienenstöcken steht ein Rapsfeld. Er erzählt uns von einem Zwischenfall in einer heissen und trockenen Woche. Das Feld vor seinen Stöcken wurde gerade mit Pestiziden behandelt und gleichzeitig – davon geht Pan Gander aus – hatten seine Bienen Schwierigkeiten, Wasser zu finden. Dieser unglückliche Zusammenhang endete im Tod derjenigen Völker, die in der Nähe zum Rapsfeld besiedelt waren. Zunächst verlangsamte sich lediglich die Entwicklung dieser Völker, doch irgendwann hörte sie ganz auf. Was genau geschehen war, ist schwer zu sagen. Pan Gander nimmt allerdings an, dass sich die Bienen an der naheliegenden Flüssigkeit bedienten und es trotz stark reduziertem Pestizidgehalt zu viel für die Bienen war. Er betont allerdings, dass es sich hierbei um einen Einzelfall handelte und er sonst kaum Probleme mit den Pestiziden habe. Viel belastender wäre die Grüne Wüste. Ab einem gewissen Zeitpunkt ist einfach zu wenig Nahrung vorhanden für die Bienen. Es ist mit blossem Auge zu erkennen, dass die Larven nicht mehr gleich dick eingepackt sind. Dieses Problem kennen die Stadt-Imker bei ihren Völkern nicht. In der Stadt blüht immer irgendetwas und auch die Stadtgärtnerei und der Botanische Garten tragen zu dieser Diversität bei.

Exkurs Grüne Wüste

Neben Pestiziden ist ein weiteres grosses Problem die Grüne Wüste im Spätsommer. Die Grüne Wüste bezeichnet den Moment, in dem noch Grünflächen vorhanden sind, aber viel potenzielle Nahrung für die Bienen bereits gemäht wurde. Im Spätsommer verblühen die Felder oder die Bauern bringen ihre Ernte ein. Dadurch fällt die Nahrungsquelle der Bienen weg und sie kämpfen mit Schwäche, Nahrungsmangel und Stress.19 Die von der Gesellschaft gewünschten aufgeräumten Umgebungen, die immer mehr schwindenden Grünflächen und die perfekt gemähten Rasen verstärken den Nahrungsmangel noch mehr.

Stadt vs. Land

Thomas Eberhard weist noch auf weitere Unterschiede zwischen Stadt und Land hin. Er erzählt, dass seine Bienen im Frühling zwei Wochen vor denen seiner Schwiegermutter, die ihre Bienenstöcke auf dem Land hat, ausfliegen. Dies liegt daran, dass die Bienen in der Stadt dem Wetter weniger ausgesetzt sind. In der Regel windet es in der Stadt weniger und es ist wärmer. Die Bienen leben in der Stadt in einem geschützteren Umfeld. Ein weiterer Unterschied stellt der Honig dar. Thomas Eberhard gibt zu, dass seine Kinder den Honig ihrer Oma einiges lieber mögen, als den ihres Vaters. Die unterschiedlichen Nahrungsquellen führen dazu, dass der Honig von Thomas Eberhards Schwiegermutter milder ist als seiner. Wie bei Thomas Hirschi begann auch seine Faszination für Bienen schon früh. Bereits als Kind wollte er Imker werden, denn damals durfte er bei einem benachbarten Imker jeweils Honig naschen gehen.

Bienenstöcke von Thomas Eberhard beim Bärengraben

Stadtimkern und Wildbienen

Bis jetzt wurde in diesem Beitrag von Bienen gesprochen, als gäbe es nur eine Art, nämlich die «Honigbienen». Völlig ausser Acht gelassen wurden die Hunderten von Arten an Wildbienen. Es wird in letzter Zeit häufig darüber diskutiert, ob und wie die grosse Menge an Honigbienen den Wildbienen Konkurrenz macht.

Exkurs Wildbienen

Nachweislich hat sich durch den Boom des Imkerns die Sterberate der Honigbiene in den letzten Jahren verringert, aber nun schwinden die Wildbienenbestände immer mehr.20 Die Honigbiene gilt heute wahrscheinlich zur bekanntesten Bienenart und lebt in der Schweiz fast ausschliesslich nur noch durch die Obhut der Menschen. Neben ihr gibt es in der Schweiz ungefähr 615 Wildbienenarten, die zentral und wichtig für die Biodiversität sind. Sie fliegen zu spezifischen Zeiten, sind Einzelgänger*innen und jede Wildbienenart ist auf eine andere Pflanzenfamilie spezialisiert. (‘Bienen Im Fokus von Wissenschaft Und Politik’ 2014, 4–7).  Sie gelten als die robusteren Bienen, denn im Gegensatz zu den Honigbienen fliegen sie auch bei Regen oder schlechterem Wetter. Zudem sind sie dabei die gründlicheren und effizienteren Bestäuber*innen.21 In einem Honigbienenvolk leben bis zu 80’000 Tiere, Wildbienen hingegen sind Einzelgänger*innen. Auf Grund der Anzahl sind Honigbienen im Verhältnis daher trotzdem effizienter.

Ein aktueller Diskurs besagt, dass Wildbienen immer mehr von Honigbienen verdrängt werden, da das Verhältnis zwischen Honig- und Wildbienen ins Ungleichgewicht geraten ist.22 Zudem haben Honigbienen einen hohen Nektar- und Pollenbedarf, was die wenige Nahrung auf dem Land, aber mittlerweile auch in der Stadt, umkämpft macht.23

Hier wird eine Problematik des Imker*innen-Booms in den Städten sichtbar. Es gibt keine kantonalen oder staatlichen Regelungen, wie viele Bienenstöcke pro Quadratkilometer gehalten werden dürfen. Das kann dazu führen, dass es eine Übernutzung gibt oder zu wenig Nahrung angeboten wird. Das verstärkte Imkern kann zu unkontrolliertem Verbrauch und zu einer Störung städtischen Biodiversität führen.24

Im Gegensatz zu Honigbienen legen Wildbienen nicht unzählige Eier. Manche legen bloss sieben Eier, bevor sie sterben. Das Schwinden der Wildbienen liegt aber nicht an den Imker*innen. Schliesslich sind mehr Bienen besser. Das Problem liegt bei der Biodiversität, die im Allgemeinen in der Schweiz stets abnimmt, erklärte uns Pan Gander.

Wildbienen im Garten

Wir haben unsere Interviewpartner gefragt: Warum dieser Fokus auf Honigbienen? Liegt es daran, dass aus Honigbienen direkt Profit in Form von Honig geschlagen werden kann? Die Antworten fallen bei allen drei Imkern eindeutig aus. Sie alle sind der Meinung, Imker*in sei man aus Leidenschaft und aus Liebe zu Tier und Umwelt. Der Honig kann als schöner Nebeneffekt verstanden werden. Auch lohnt sich der Aufwand nicht wirklich für den Ertrag. Stephan Hirschi und Pan Gander schauen beide wenn möglich täglich bei ihren Stöcken vorbei und auch Thomas Eberhard versucht, so oft wie möglich Zeit bei den Honigbienen zu verbringen. Der Honig wird auch nicht bei allen gleich konsequent entnommen. Stephan Hirschi lässt den Honigbienen lieber etwas mehr von ihrem Honig, anstatt sie mit Zuckerwasser zu füttern, denn dieser ist schliesslich besser geeignet als der schnelle Zucker. Thomas Eberhard zieht noch einen Vergleich zwischen der Schweiz und Frankreich und erzählt, wie in Läden für Bienenzubehör in Frankreich untereinander besprochen werde, wie viel Völker man habe und er dabei mit seinen 10-12 Völkern belächelt werde, denn dort sei es nicht unüblich, 3000 Völker zu haben.

Fazit

Wir stellen uns mit all dem neu gewonnenen Wissen die Frage, ob der Stadt-Imker*innen-Boom nun tatsächlich etwas Positives ist, oder ob es vielleicht auch andere Möglichkeiten gäbe, unsere Natur zu schützen und unterstützen. Was können wir als Einzelpersonen tun, um zu helfen? Thomas Eberhard erhält viele solche Anfragen und erzählt uns von einem Nachhaltigkeits-Projekt, für das er um Unterstützung gebeten wurde. Die Idee war, auf dem Dach einer Autogarage Bienenstöcke zu halten. Schnell riet Thomes Eberhard davon ab, denn Bienenstöcke sind arbeitsintensiv und auf dem Dach einer Autogarage sind sie nicht sonderlich zugänglich. Er empfahl damals, einen Grünstreifen mit verschiedenen Blumen vor der Garage anzulegen und dazu ein aufklärendes und informatives Schild zu stellen. So lautet auch der Rat der zwei anderen Interviewpartner: Grünstreifen, Blumenwiesen, Holzhaufen und allgemein weniger Ordnung in der Natur hilft allen Arten von Bienen. Einen Bienenstock auf den Balkon zu stellen sei wenig sinnvoll. Viel hilfreicher sei es, ein kleines Blumenbeet mit Wildblumen anzulegen.

Für Grünstreifen gibt es mittlerweile auch staatliche Subventionen, wenn sie belassen werden. Ohne menschliches Eingreifen wäre also der Bienenbestand in der Schweiz nicht mehr so gross. Nun gilt es auch auf Wildbienen zu achten, aber auch da scheinen sich Firmen, Unternehmen und Privatpersonen immer mehr zu engagieren. In Bern gibt es zum Beispiel im Dählhölzli und im botanischen Garten Wildbienenhotels.

Aus dieser Forschungsarbeit lässt sich schliessen, dass der Imker*innen-Boom wahrscheinlich wirklich damit zu tun hat, dass es ein allgemeines Umdenken in der Gesellschaft gibt, wobei ein achtsamer Umgang mit den Tieren gelernt wird. Zudem scheint es so, als ob Stadtimker*innen viel weniger mit dem Nahrungsangebot für die Bienen zu kämpfen haben. Zudem sind Bienen in der Stadt eher von dem Wetter und Pestiziden geschützt.

Schlussendlich ist es wichtig, weiterhin zu forschen und genau auf diese Problematiken des Bienensterbens aufmerksam zu machen um mehr Bewusstsein dafür zu schaffen.

Literaturnachweis

Alagheband, Bähram. 2022. ‘Schweizer Biodiversität – Imkerboom hilft den Honigbienen – gefährdet aber die Wildbienen’. Schweizer Radio und Fernsehen (SRF). 18 April 2022. https://www.srf.ch/news/schweiz/schweizer-biodiversitaet-imkerboom-hilft-den-honigbienen-gefaehrdet-aber-die-wildbienen.

Bayer Bee Care Center. 2019. ‘Ein Gefährlicher Bienenparasit . Die Varroa-Milbe’. 2019.

bee Careful. n.d. ‘Menschliche Bienen in China | Bee Careful’. Accessed 29 January 2023. https://www.bee-careful.com/de/initiative/menschliche-bienen-china/.

‘Bienen Im Fokus von Wissenschaft Und Politik’. 2014. Bericht über das Symposium der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz vom 26. November 2014. Bern.

Deutsche Wildtier Stiftung. n.d. ‘Konkurrenz Wildbienen – Honigbienen’. Accessed 26 January 2023. https://www.wildbiene.org/konkurrenz-wildbienen-honigbienen/.

Meister, Franziska. 2022. ‘Neues aus der Wissenschaft: Grüne Gentrifizierung’. 23 February 2022. https://www.woz.ch/!DRNDNKNS5XG.

Ricola. n.d. ‘Wir schwärmen für Bienen.’ Ricola. Accessed 12 December 2022. https://www.ricola.com/de-de/erleben/die-welt-von-ricola/wir-schwarmen-fur-bienen.

Rundfunk, Bayerischer. 2022a. ‘Bienensterben durch Pestizide: Pflanzenschutzmittel machen Bienen zu schaffen’, July. https://www.ardalpha.de/wissen/natur/tiere/insekten/bienen-bienensterben-neonicotinoide-insekten-100.html.

———. 2022b. ‘Die Varroamilbe: Der gefährlichste Feind der Biene’, July. https://www.ardalpha.de/wissen/natur/tiere/insekten/bienen-varroamilbe-bienensterben-lithiumchlorid-insekten-100.html.

Schweizer Parlament. n.d. ‘Neonicotinoide. Auswirkungen Auf Umwelt Und Bienen’. Accessed 23 February 2023. https://www.parlament.ch/de/ratsbetrieb/suche-curia-vista/geschaeft?AffairId=20101041.

Swisshoney. n.d. ‘Biodiversität-Biodiverstiät hilft den Bestäubern und damit uns!’ swisshoney.ch. Accessed 12 December 2022. https://www.swisshoney.ch/de/wissenswertes/biodiversitaet.html.

UFAM, Bundesamt für Umwelt BAFU | Office fédéral de l’environnement OFEV | Ufficio federale dell’ambiente. n.d. ‘Wild und wertvoll’. Accessed 12 December 2022. https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/thema-biodiversitaet/biodiversitaet–dossiers/wild-und-wertvoll.html.

Wir sind beides Minor Sozialanthropologiestudierende. Wir wollen mit unserem kleinen Beitrag auf die Thematik des Bienensterbens aufmerksam machen. Dafür haben wir versucht einen Überblick über die Thematik zu schaffen.
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