Gewässerkorrektionen und wie wir diese nun zu korrigieren versuchen

Durch die Schweiz, dem Wasserschloss Europas, ziehen sich rund 65´000 km Fliessgewässer, die Lebensraum unzählige Tier- und Pflanzenarten bieten, unser Land bewässern, die Bevölkerung mit Trinkwasser und sogar Strom versorgen und noch vieles mehr. Jedoch hat die Biodiversität durch die Gewässerkorrektionen im 18. & 19. Jahrhundert Massnahmen, die das Zusammenleben der Menschen und Natur eigentlich sicherer machen sollten stark gelitten. „Korrektion“ meinte, die Gewässer an die Bedürfnisse des Menschen anzupassen, wobei vor allem die Hochwassergefahr verringert, sowie frühere Überschwemmungs- und Auengebiete als Wohn- und Anbaufläche nutzbar gemacht werden sollten. Diese zum Teil riesigen Projekte (siehe Juragewässerkorrektion) haben jedoch nicht nur die Flora und Fauna in und um die Gewässer verdrängt, sondern auch das natürliche Gleichgewicht gestört, was zu mehr Hochwasser und unkontrollierbaren Flüssen geführt hat. Wegen dieser Problematik wurde 2011 das Gewässerschutzgesetz revidiert, indem die Kantone zur Revitalisierung der Gewässer verpflichtet wurden. Unter Einbezug der Geschichte und der heutigen Bestrebungen werde ich im Folgenden aufzeigen, wie sich die Ziele im Umgang mit unseren Gewässern verändert haben. Ausserdem zeige ich am Beispiel des Luterbachs in Oberburg wie die Umsetzung dieser Ziele aussehen kann und was für Probleme dabei entstehen können.

Geschichte der Gewässerkorrektionen

Seit es Menschen gibt, machen wir uns die Gewässer zu Nutze und müssen uns wegen ihrer gewaltigen Kräfte aber auch vor ihnen schützen. Dies wurde jedoch mit eher kleineren Eingriffen gemacht, was oft keinen nachhaltigen Effekt hatte. Dies änderte sich ab dem 18. Jahrhundert. Während zwei Jahrhunderten wurden in der Schweiz fast jedes zweite Fliessgewässer korrigiert und dies zum Teil in riesigen Dimensionen. Grosse Projekte waren beispielsweise die Kanderkorrektion (1711 – 1714), die Linthkorrektion (1807 – 1816) oder die Juragewässerkorrektion. Dabei wurde um- oder abgeleitet, die Abflusskapazität durch Laufbegradigung und Eindämmung erweitert, wurden Nebenarme verschlossen, unliebsame Abschnitte eingedolt, Moor- und Auenlandschaften trocken gelegt, usw. Unter anderem wurde dies durch neuere technische Errungenschaften in der Vermessung, der Hydraulik und der Hydrologie, sowie durch gemeinsame politische Ziele möglich. Daher hatten diese Projekte einen grossen Stellenwert in der Gesellschaft; der Mensch war sehr stolz, die Natur bändigen und in Kulturlandschaft umwandeln zu können (Vischer, D. L.,2003). Folgende Ziele sollten mit den Gewässerkorrektionen erreicht werden:

  • Schutz vor Hochwasser: gerade im 19. Jahrhundert häuften sich die Hochwasser, die bei einer steigenden Bevölkerungsdichte immer mehr Schaden anrichteten.
  • Flächengewinn für die Landwirtschaft: Da mehr Menschen auch mehr Nahrung brauchten, wurde immer mehr Land benötigt. Dies spitzte sich vor allem in Kriegsjahren zu.
  • mehr Siedlungsraum für eine wachsende Bevölkerung
  • Nutzung für den Verkehr: Später mussten die Fliessgewässer für die Schifffahrt fahrbar gemacht werden. Ausserdem benötigte die gerade aufkommende Eisenbahn viel Fläche um ein möglichst grosses Streckennetz aufzubauen und der Strassenbau nahm zusätzlich zu.
  • Energiegewinnung: In der Schweiz hat gerade die Wasserkraft einen grossen Stellenwert, wofür ebenfalls viele Gewässer über- und verbaut werden mussten.

Luterbach

Wie die meisten Bäche und Flüsse im Mittelland wurde auch der Luterbach korrigiert. Der Flusslauf des Luterbachs wurde an den meisten Stellen nicht schnurgerade gelegt, sondern verlief parallel zur Strasse. Im Dorf wird der Bach ausserdem durch Betonwände in Schach und Form gehalten. Auf den Bildern 1 + 2 ist zu sehen, wie eingeengt der Bach ist, das zugehörige Audio wurde angefügt, um zusätzlich zu den Fotos einen weiteren Sinneseindruck zu erhalten. Ob man wohl einen Unterschied zu den Audioaufnahmen des revitalisierten Teils hört?

Audio 1: Luterbach, Standort linkes Bild

Auswirkungen

Heute sind rund 14’000 km der 65’000 km Fliessgewässer in der Schweiz stark beeinträchtigt (Bundesamt für Umwelt BAFU, 2009). Die Natur ist dabei natürlich nicht untätig und reagiert auf diese Eingriffe, was zu vielen negativen Auswirkungen führt. Hier nenne ich die zwei wichtigsten: die Störung der Heterogenität des Wasserflusses und das folgende Ungleichgewicht, sowie die verringerte Biodiversität aufgrund zerstörter Lebensräume.

Die Begradigung hat einen sehr grossen Einfluss auf das Gleichwicht der Fliessgewässer. Diese verlaufen nämlich sehr heterogen, an einigen Stellen ist die Fliessgeschwindigkeit schneller, an Anderen langsam und an wieder Anderen scheint sich das Wasser kaum zu bewegen. Ausserdem variieren Breite, Gefälle und die Fauna, die sich in und am Gewässer einnisten kann, es gibt Moor- und Auengebiete, die bei Überschwemmungen viel Wasser aufnehmen, usw. Der Wasserfluss ist also immer auch an die Umgebung angepasst, was zu einem Gleichgewicht führt. Innerhalb dieses Gleichgewichts stellt auch eine Überschwemmung nach starkem Regen keine Katastrophe dar. Das überschüssige Wasser wird in Moor- und Auenlandschaften aufgenommen und erhält diese. Mit den Gewässerkorrektionen wurde dieses Gleichgewicht jedoch gestört. Meist wurden die vorher in Schlangenbewegungen verlaufenden Gewässer begradigt, was zu einer Reduktion der zurückgelegten Strecke führte. Dadurch wurde wiederum die Steigung und die Fliessgeschwindigkeit erhöht. Durch diese erhöhte Geschwindigkeit kann sich der Fluss/Bach tiefer und tiefer in den Boden eingraben. Ausserdem können so in weniger Zeit mehr Wassermassen transportiert werden, was bei starkem Regenfall das Überschwemmungsrisiko hebt. Ein weiterer Risikofaktor sind die kahlen Ufer, an dem sich das Schwemmgut, das bei Hochwasser meist mitgetragen wird nicht absetzen kann und sich so immer weiter auftürmt. Durch die Trockenlegung der Moor- und Auengebieten hat Hochwasser zudem keine Ausweichmöglichkeit und richtet somit in den stark besiedelt oder intensiv durch die Landwirtschaft genutzten Gegenden grossen Schaden an.

Die oben genannte Heterogenität im Fluss-/Bachlauf ist wichtig, um eine Vielfalt an Lebensräumen für unzählige Pflanzen- und Tierarten zu schaffen. Durch die Homogenisierung von den vorher schlängelnden und abwechslungsreichen hin zu geraden, eher schnell fliessenden Gewässern mit kahlem Ufer und Boden, fallen viele solcher Biotope weg. Die aquatischen Ökosysteme zählen dadurch zu den Lebensräumen mit dem höchsten Verlust an Biodiversität (Bundesamt für Umwelt BAFU, 2021). Nicht nur der Lebensraum vermindert sich, sondern auch die Wege zwischen den noch bestehenden Lebensräumen werden weniger. In der Schweiz spricht man hier von sogenannten Fleckenbiotopen, wie ein Ingenieur-Geometer berichtet. Damit sind viele bewohnbare Biotope gemeint, die jedoch meist nicht miteinander verbunden sind, da sie an überbaute oder stark landwirtschaftlich genutzte Flächen angrenzen. Die Fliessgewässer werden daher quasi zu Strassen zwischen den verschiedenen Biotopen. Durch die Gewässerkorrektionen wurde dieser Weg aber für viele Tierarten unpassierbar, was gerade die Fische, die gerne und oft wandern, stark beeinträchtigt. Vor allem die Fortpflanzung kann ohne diese Wanderungen kaum mehr stattfinden oder wenn, dann nur mit Einbussen in der Genvermischung.

Hochwasser in Oberburg

In Oberburg zeigte sich ein ähnliches Bild: zwar wurde viel Raum für die Landwirtschaft, für Wohnraum und für den Strassenbau gewonnen, jedoch war das Dorf immer wieder schwer von Hochwassern betroffen. Besonders schlimm war das Hochwasser im Juli 2000, wie ein Anwohner berichtet. Er habe sein Haus in Bachnähe, weshalb der Keller vollkommen überschwemmt wurde. Alles in allem wurden dabei 700 beschädigte Objekte mit einer Schadensumme von mehr als 20 Millionen Franken verzeichnet. Wegen dieses Unglücks (und vielen anderen davor und danach) wird schon seit vielen Jahren über den besten Schutz vor Hochwasser diskutiert. Sollte eine Staumauer oder ein Stausee gebaut werden? Oder wären mehrere Dämme die richtige Lösung? Und wo sollten diese idealerweise platziert werden?

Revitalisierungen

In den letzten Jahrzenten wurde der Bevölkerung immer schmerzlicher bewusst, wie einschneidend die bisherigen Eingriffe in die Fliessgewässer waren und welch katastrophalen Auswirkungen diese schlussendlich haben. Um den Naturschutz zu fördern, wurde 2006 schliesslich die Volksinitiative „Lebendiges Wasser“ eingereicht, welche die Renaturierung der Schweizer Gewässer und deren (Mit-) Finanzierung durch den Bund forderte. Nach Annahme eines indirekten Gegenvorschlags durch das Parlament wurde die Initiative zurückgezogen, doch den Forderungen wurden im Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (GSchG) Folge geleistet. Dabei wurde die Verbauung und Korrektion nur in Ausnahmefällen erlaubt (Art. 37 Abs 1 GSchG) und die Revitalisierung durch die Kantone angeordnet (Art. 38a Abs 1GSchG).

Art. 38a Revitalisierung von Gewässern
1 Die Kantone sorgen für die Revitalisierung von Gewässern. Sie berücksichtigen dabei den Nutzen für die Natur und die Landschaft sowie die wirtschaftlichen Auswirkungen, die sich aus der Revitalisierung ergeben.

Art. 37 Verbauung und Korrektion von Fliessgewässern

1 Fliessgewässer dürfen nur verbaut oder korrigiert werden, wenn:

a. der Schutz von Menschen oder erheblichen Sachwerten es erfordert (Art. 3 Abs. 2 des BG vom 21. Juni 1991 über den Wasserbau);

b. es für die Schiffbarmachung oder für eine im öffentlichen Interesse liegende Nutzung der Wasserkraft nötig ist;

bbis. es für die Errichtung einer Deponie nötig ist, die nur am vorgesehenen Standort errichtet werden kann und auf der ausschliesslich unverschmutztes Aushub-, Abraum- und Ausbruchmaterial abgelagert wird;

c. dadurch der Zustand eines bereits verbauten oder korrigierten Gewässers im Sinn dieses Gesetzes verbessert werden kann.

2 Dabei muss der natürliche Verlauf des Gewässers möglichst beibehalten oder wiederhergestellt werden. Gewässer und Gewässerraum müssen so gestaltet werden, dass:
a. sie einer vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt als Lebensraum dienen können;
b. die Wechselwirkungen zwischen ober- und unterirdischem Gewässer weit­gehend erhalten bleiben;
c. eine standortgerechte Ufervegetation gedeihen kann.

Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer (GSchG)

Nach der Definition der Plattform Renaturierung verfolgen die Gesetzgeber mit dieser Änderung das Ziel der Wiederherstellung von naturnahen Bächen, Flüssen und Seen mit ihren charakteristischen Tier- und Pflanzenarten. Wobei neben der Biodiversität auch Naherholung und Hochwasserschutz profitieren. Hier wird ausserdem von einer Revitalisierung gesprochen, da eine vollständige Renaturierung durch Menschenhand nicht möglich ist.

Jedoch sind bereits im Gesetzestext Ausnahmen formuliert (Art. 37 Abs 1 GSchG), weshalb die Revitalisierung nicht überall konsequent umgesetzt wird. So wird der Schutz der Bevölkerung und von grossen Sachwerten (was hier leider nicht spezifiziert wird) vor Hochwassern betont, weshalb Verbauungen wie Dämme, Hochwasserbecken, etc. und auch Begradigungen noch erlaubt sind. Viele Fliessgewässer in Siedlungsnähe können daher nicht in die Revitalisierungsbestrebungen miteingeschlossen werden. Ausserdem wird das Verbot für kommerzielle Zwecke wie die Wasserkraft oder den Schiffverkehr gemacht und zur Einrichtung von Deponien aufgehoben. Somit ist es auch nicht erstaunlich, dass im Rahmen der Wasser-Agenda 21 lediglich ein Viertel der 14’000km stark verbauten Fliessgewässer revitalisiert werden soll.

Ausserdem besteht gerade bei der Planung die Schwierigkeit, dass viele Interessengruppen aufeinandertreffen, die unterschiedliche Ziele verfolgen. Die Gesetzgeber und natürlich die Naturschützer wollen möglichst naturnahe Zustände wiederherstellen. Fischerverbände unterstützen dies, wollen sich aber in ihren Tätigkeiten nicht einschränken lassen. Die Gemeinden vollen vor allem ihre Einwohner vor Hochwasser schützen und haben in den stark bewohnten Umgebungen Mühe genug Land zur Verfügung zu stellen, um den Fluss möglichst natürlich verlaufen zu lassen. Die Landwirt:innen und Landbesitzer:innen um das Gewässer herum wollen möglichst wenig Fläche verlieren. Der Ingenieur-Geometer, der die Revitalisierung am Luterbach und an einigen anderen Fliessgewässern geplant hat, sieht in der Planung und darin, alle Betroffenen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, die grosse Herausforderung. Nicht alle sähen die Notwendigkeit dieser Massnahmen ein, da immer noch viele denken würden, in der Natur sei doch alles in Ordnung. Gerade für die Landwirt:innen müsse so eine möglichst günstige Landumverteilung geplant werden, um sie ins Boot zu holen. Idealerweise wird eine sogenannte Gesamtmelioration gemacht, bei der die Raumplanung, die Landwirtschaft, sowie der Natur- und Landschaftsschutz eingebunden werden. Um einen kleineren Bach zu revitalisieren, brauche es mind. 10-12m Land um den Bach herum, damit sich dieser schlängeln kann und Büsche, Bäume, etc. gepflanzt werden können. Diese zusätzliche Fläche erhält man meistens, indem man das Land neu verteilt, wobei der Verlust prozentual aufgeteilt wird. Dies kann für die Landwirt:innen auch den Vorteil haben, dass ihr Land mehr zusammenrückt, danach günstiger gelegen ist (bspw. direkt an einer Strasse) und vor allem optimal an die neuen Begebenheiten angepasst werden soll.

Ein weiterer Vorteil, gerade für die Anwohner:innen und die Landbestizer:innen, ist, dass Revitalisierungen sehr guten Schutz vor Hochwasser bieten, da die nun grösseren Gewässerräume mehr Wasser zurückhalten, Schwemmgut besser an den Ufern zurückgehalten wird und das viele Wasser schlussendlich in den natürlichen Flussbetten versickern kann. Ausserdem wird dadurch, dass mehr Wasser versickern kann auch der Grundwasserspiegel erhöht.

Die Evaluation bisheriger Revitalisierungen seien jedoch vielversprechend. (Bundesamt für Umwelt BAFU, 2009). Durch die Revitalisierung fliessen unsere Gewässer wieder heterogener, wobei verschiedenste Lebensräume entstehen. Ausserdem werden vermehrt Bäume, Sträucher, etc. gepflanzt, welche rege bewohnt werden. Durch die schlängelnde Bewegung und dadurch, dass die Ufer nicht mehr aus glatten Betonwänden bestehen, kann sich Schwemmgut ebenfalls absetzen, was wiederrum für mehr Lebensraum für Tiere sorgt. Die Fliessgewässer stellen also wieder Biotope dar und verbinden vor allem die ansonsten weit verteilten Biotope miteinander. Diese fliessenden Wege zwischen den Biotopen macht ausserdem mehr Bewegung der Tierarten möglich, was für mehr Genvermischung und letztendlich zu gesünderen Populationen führt. Ein Ingenieur-Geometer berichtete ausserdem davon, dass nach den Bauarbeiten durch die Menschen nun die Tiere an die Arbeit gehen können, um in und um die Gewässer heterogenere Lebensräume zu schaffen. Besonders der Biber sei sehr begabt darin, seine Umgebung zu formen. Wir können also gespannt sein, wie sich die Gewässer noch verändern werden.

Revitalisierung in Oberburg

In Oberburg konnten sich alle Interessengruppen nach vielen Jahren intensiven Diskusionen auf folgenden Projektplan einigen: Während drei Jahren wurde intensiv gebaut, wobei das Projekt 2021 fertig war. Wie auf dem Bild 3 ersichtlich, wurden grosse Teile des Luterbachs, sowie des Chrouchtalbachs revitalisiert (blau eingezeichnet). Ausserdem wurde ein Hochwasserrückhaltebecken mit einem 11,5m hoher Damm gebaut, der die bei einem starken Unwetter anbahnenden Wassermassen zurückhalten soll. Gleichzeitig wurde die Strasse gewartet, an einigen Stellen neue Rohre verlegt und ein Amphibienteich angelegt. Das Land wurde umverteilt, wobei alle Landbesitzer:innen einen prozentual ausgerechneten Teil ihrer Fläche abgeben mussten. Laut einem Anwohner wurde hier jedoch eine faire Lösung gefunden, mit der alle Beteiligten zufrieden zu sein scheinen. Ausserdem konnte sich der Bach bereits bei einigen starken Unwettern beweisen und hält so weit stand. Wie auf den Bildern zu sehen ist, die 2022 aufgenommen wurden, sieht der Bach eher noch kahl und noch nicht wirklich naturnah aus. In den nächsten Jahren wird sich zeigen, wie die Natur diesen Bach zurückerobern kann oder ob noch weitere Arbeiten von Nöten sein werden.

Audio 2: Luterbach, Standort rechtes Bild
Audio 3: Luterbach, Standort rechtes Bild

Nach Einbezug der Geschichte wird klar, dass sich die Ziele im Umgang mit unseren Gewässern verschoben haben. Das Hauptziel besteht immer noch im Schutz der Bevölkerung vor Hochwasser und Überschwemmungen. Jedoch hat in den letzten Jahrzehnten der Naturschutz das Bestreben, möglichst viel (Anbau-)Fläche zu gewinnen in den Hintergrund gedrängt. Der Trend geht Richtung natürlichere Bach- & Flussläufe, zu mehr Lebensraum für Flora und Fauna und hin zu möglichst wenigen Eingriffen durch die Menschen. Das 2011 revidierte Gewässerschutzgesetz verpflichtet die Kantone zur Revitalisierung, zur Wiederherstellung eines naturnahen Zustandes, welche im Umkehrschluss ebenfalls die Hochwassergefahr verringert und Naherholungsgebiete für die Bevölkerung schafft. Dies ist jedoch eine Mehrgenerationenaufgabe und befindet sich erst in der Anfangsphase. Zudem umfasst das geplante Projekt nicht alle Gewässer. Am Beispiel des Luterbachs ist zu sehen, wie eine geglückte Revitalisierung an Abschnitte grenzt, die nicht miteinbezogen wurden. Der Teil, der durch das Dorf fliesst, wurde in seinem verbauten Zustand belassen (siehe Bild 1 + 2, auf denen der Bach eingemauert und begradigt bleibt). So wird es wohl noch einigen Bächen und Flüssen ergehen, da in den nächsten 80 Jahren rund ein Viertel der (stark) verbauten Gewässer revitalisiert werden, wobei bei drei viertel davon die vorherige Korrektur bestehen bleibt.

Ausserdem bleibt noch offen, wie die Natur auf das Bestreben reagiert, die Fliessgewässer naturnaher zu gestalten. Bereits durchgeführte Revitalisierungen zeichnen jedoch ein positives Zukunftsbild, indem die Tiere und Pflanzen die Flüsse und Bäche wieder für sich einnehmen können. Wie weit sich diese Vision verbreitet, hängt jedoch davon ab, wie konsequent die Politik an ihren Zielen festhält (und sie hoffentlich noch ausweitet) und wie die Öffentlichkeit, nicht zuletzt die Landbesitzer:innen, auf diese Eingriffe reagieren und sie ermöglichen.


Literatur & Quellen
Bross, F. (2012). Die Renaturierung von Fließgewässern. URL: http://fabianbross.de/renaturierung.pdf

Bundesamt für Umwelt BAFU (2009). Strukturen der Fliessgewässer in der Schweiz. Zustand von Sohle, Ufer und Umland (Ökomorphologie): Ergebnisse der ökomorphologischen Kartierung. Stand: April.

Bundesamt für Umwelt BAFU (2021). Renaturierung der Schweizer Gewässer Stand Umsetzung Revitalisierungen 2011-2019

Hupke, K. D., & Hupke, K. D. (2020). Naturschutz: Eine kritische Einführung, 249 -255. https://doi.org/10.1007/978-3-662-62132-5_23

Vischer, D. L. (2003). Die Geschichte des Hochwasserschutzes in der Schweiz. Berichte des BWG, Serie Wasser, 5.

Vischer, D. (2006). Gewässerkorrektionen, Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) Online: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/007850/2006-12-11/, konsultiert am 31.01.2023.

https://plattform-renaturierung.ch

https://www.oberburg.ch

Ich studiere Psychologie mit Sozialanthropologie im Nebenfach. Daher interessiere ich mich sehr für das Zusammenleben der Menschen untereinander, sowie wie wir die Natur wahrnehmen und mit ihr interagieren. Für dieses Projekt habe ich mich intensiv mit den Schweizer Fliessgewässern und unseren drastischen Eingriffen in diese Ökosysteme beschäftigt.
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