Raumplanerische Lärmschutzmassnahmen im Kanton Luzern

Was ist Lärm?

Lärm ist im Gegensatz zu Schall, Klang oder Ton ein negativ konnotiertes Wort und meint störenden Schall (Kantonsärztliche Dienste, 2010). Was als störend empfunden wird, ist subjektiv von Person zu Person unterschiedlich. Lärm kann unangenehme, belästigende oder sogar gesundheitsgefährdende Schallereignisse umfassen. Die Auswirkungen von Lärm sind vielfältig und werden oftmals unterschätzt. Wer sich zu oft oder an Orten aufhält, an denen die Lärmschutzgrenzwerte nicht eingehalten werden, kann mit einer Vielzahl von gesundheitlichen Folgeproblemen konfrontiert werden.

Folgen von Lärm

Psychische Probleme (Konzentrationsschwierigkeiten, Stressreaktionen und Kommunikationsstörungen), direkte körperliche Schädigungen (Schlafstörungen, Schwerhörigkeit und Tinnitus), sowie indirekte körperliche Schädigungen (Herz-Kreislauferkrankungen, hormonelle Reaktionen, Übergewicht und Atembeschwerden) und soziale Folgen (verminderte Mietzinseinnahmen und Konflikte) können als Konsequenz von zu hoher Lärmeinwirkung auftreten (Kantonsärztliche Dienste, 2010). Aber nicht nur an den Menschen, auch an Tieren geht der Lärm nicht spurlos vorbei. Tiere, die längerfristig zu lautem Schall ausgesetzt sind, zeigen Anpassungen in der Kommunikation, Veränderungen im Jagdverhalten, den Lebensräumen, der Reproduktion und im schlimmsten Fall kann Lärm zum Aussterben von Arten führen (Cercle Bruit, o. J.-a).

Lärmschutzverordnung

Um den Lärm so weit wie möglich einzudämmen, dient die Lärmschutzverordnung (LSV) als Teil des Umweltschutzgesetzes dazu, allgemein gültige Grenzwerte festzuschreiben, die einzuhalten sind. Dieses hat zum Ziel, Menschen, Tiere und Pflanzen und deren Lebensgemeinschaften und -räume gegen schädliche oder lästige Einwirkungen zu schützen, sowie die Fruchtbarkeit des Bodens zu erhalten. Die LSV soll die Bevölkerung vor schädlichem oder störendem Lärm schützen und dafür sorgen, dass unnötige Lärmemissionen vermieden werden, wie die Firma für Bauphysik und Lärmschutz TEC2 auf ihrer Webseite schreibt. Dazu enthält die LSV Grenzwerte für Lärm, die zu berücksichtigen sind (TEC2 AG, o. J.).

Lärmursachen und Situation in Luzern

In der Schweiz leben rund eine Million Menschen in Gebieten, in welchen die geltenden Grenzwerte für Umgebungslärm wie Strassen-, Eisenbahn- und Fluglärm überschritten werden (Kantonsärztliche Dienste, 2010). Weiter fühlen sich rund zwei Drittel der Bevölkerung zuhause regelmässig durch Lärmemissionen gestört (Cercle Bruit, o. J.; Umwelt und Energie Kanton Luzern, 2023). Der grösste Lärmverursacher ist der Strassenverkehr. Er ist für über die Hälfte dieser Belästigungen verantwortlich. Zu weiteren häufigen Lärmursachen zählen Schienenverkehr, Schiess-, Industrie- und Gewerbelärm, Baulärm, Fluglärm und technische Anlagen wie Lüftung oder Klimaanlagen. Die Kosten des Strassen- und Schienenverkehrs in der Schweiz werden auf circa eine Milliarde Franken geschätzt.

Der Kanton Luzern liegt bezüglich der Lärmbelastungen durch Strassen-, Schienen und Flugverkehr ungefähr im schweizerischen Durchschnitt. Die Dienststelle für Umwelt und Energie geht davon aus, dass im Kanton Luzern 53’000 Personen an Strassen leben, welche die Immissionsgrenzwerte der LSV überschreiten. In der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2007 des Bundesamts für Statistik ist herausgekommen, dass der Strassenlärm als zweitwichtigste Lärmquelle identifiziert wird mit 18% der Befragten, die sich durch Strassenlärm gestört zu fühlen. Noch häufiger genannt mit 19% der Befragten wird «Lärm von anderen Personen». Die vorliegenden Daten zeigen die Wichtigkeit, den Lärmschutz in Luzern mit vereinten Kräften durch die Initiative und Kooperation verschiedener Akteure in Angriff zu nehmen (Kantonsärztliche Dienste, 2010).

Im Folgenden sind Hörimpressionen und Videos einiger dieser verschiedenen Lärmquellen aufgeführt, um einen Eindruck über die Lärmsituation an ausgewählten Orten in Luzern zu erhalten:

Baulärm Allmend Luzern, 2022-11-17
Fluglärm Horw Luzern, 2022-10-06
Schienenlärm Neustadtstrasse Luzern, 2022-10-11
Strassenlärm Neubad Luzern, 2022-10-11

Baulärm Moosmattstrasse Luzern, 2022-11-30
Fluglärm Horw Luzern, 2022-12-01
Schienenlärm Neustadtstrasse Luzern, 2022-10-11
Strassenlärm Neubad Luzern, 2022-10-11

Planen und Bauen im Lärm

Bevor ein Bauprojekt umgesetzt werden kann, müssen Lärmschutzfragen geklärt werden. An dieser Stelle kommt die Fachstelle Lärmschutz beratend ins Spiel. Urs Schmied ist Fachstellenleiter Planen und Bauen im Lärm an der Dienststelle Umwelt und Energie (uwe) des Kantons Luzern. In einem Gespräch und im Mailkontakt mit Urs Schmied, Lisa Hallwyler, Sebastian Veit und Cécile Nussbaumer aus dem Team Lärm des Kantons Luzern durfte ich viele Informationen darüber sammeln, wie lärmschutztechnisch gebaut und saniert werden kann.

Die Fachstelle Lärmschutz sorgt für die Umsetzung der LSV und der Verordnung zum Bundesgesetz über den Schutz vor Gefährdungen durch nichtionisierende Strahlung und Schall (V-NISSG). Auf der Webseite der Dienststelle Umwelt und Energie des Kantons Luzern stellt das Team Lärm seinen Aufgabenbereich folgendermassen vor: «Wir beraten Sie in allen Belangen der Lärmbekämpfung, beim Planen und Bauen in lärmbelasteten Gebieten sowie beim Erstellen oder Sanieren von lärmverursachenden Anlagen. Wir nutzen unsere Zuständigkeit so weit wie möglich, um uns dafür einzusetzen, dass im Kanton Luzern ruhige Orte erhalten bleiben und neue geschaffen werden.» (Umwelt und Energie Kanton Luzern, 2023)

Geschickte raumplanerische Massnahmen und/oder eine geeignete Verkehrsplanung tragen wirkungsvoll dazu bei, zusätzlichen Lärm zu vermeiden und lärmfreie Gebiete zu sichern. Massnahmen können aber oft nicht umgesetzt werden, weil zu viele andere, überwiegende Interessen einem weitergehenden Lärmschutz entgegenstehen. Beim Bau von neuen oder der Sanierung bestehender Gebäude ist eine Aushandlung der verschiedenen Interessen der Involvierten, wie beispielsweise der Bauherrschaft, von Architekt:innen, Bauarbeiter:innen und Lärmschutzfachleuten zentral. Die Fachstelle Lärmschutz führt dazu vermittelnd und beratend Gespräche mit den verschiedenen Interessengruppen und beurteilt Projekte. Ausserdem sorgen sie dafür, dass die Grenzwerte, die in der LSV festgehalten sind, eingehalten werden.

Die Fachstelle Lärmschutz des Kantons Luzern hat mir zwei Webseiten empfohlen, die Lärmschutzmassnahmen vorstellen. Der Verein «Cercle Bruit» ist die Vereinigung der kantonalen Lämschutzfachleute. Die Webseite «Baukultur Lärm» (Cercle Bruit & ZHAW, 2022) ist vom Cercle Bruit Schweiz in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) speziell für die Zielgruppe der Architekt:innen erstellt worden. Sie enthält viele ansprechende visuelle, bau- und designtechnische Darstellungen, um die Vereinbarkeit von Architektur und Lärmschutz aufzuzeigen. Die Webseite zeigt auch viele Beispiele aus verschiedenen Orten der Schweiz auf, an welchen bemerkenswerte Lärmschutzmassnahmen vollzogen wurden. Die andere Webseite «Bauen im Lärm» (Cercle Bruit, 2022) erklärt verschiedene, besonders bautechnische, Lärmschutzmassnahmen sehr detailliert. Die Informationen in diesem Text stammen – sofern nicht anders angegeben – aus diesen beiden Webseiten, sowie aus dem Austausch mit der Fachstelle Lärmschutz des Kantons Luzern.

Lärmschutzmassnahmen

Es gibt verschiedene Arten, auf Lärm intervenierend zu reagieren. Unterschieden werden Massnahmen an der Quelle (z.B. Tempo 30), Massnahmen auf dem Ausbreitungsweg und raumplanerische Lärmschutzmassnahmen an den Gebäuden selbst. Dabei ist die Verminderung von Lärm an der Quelle derjenigen auf dem Ausbreitungsweg (z.B. Lärmschutzwände) und an Gebäuden (z.B. Loggia) vorzuziehen.

Lärmschutzmassnahmen an der Quelle

Bei der Geschwindigkeitsreduktion (Tempo 30) als Massnahme an der Quelle entsteht eine Lärmreduktion durch die langsamere Geschwindigkeit. Weitere Massnahmen an der Quelle sind lärmarme Deckbeläge, andere Fahrtypen (z.B. Elektroautos) und verkehrsbeschränkende Massnahmen (z.B. Lastwagenfahrverbot). Diese Massnahmen sorgen dafür, dass gar nicht erst lauter Lärm entsteht. Die Opposition gegenüber diesen Massnahmen ist bei Autofahrenden sehr gross, was auch in den Medien thematisiert wird (Ledebur, 2022, 2023). Das Ermessen darüber, ob und welche Massnahmen an der Quelle umgesetzt werden, liegt bei den Strassenbesitzern (Bund bei Autobahnen, Kantone bei Kantonsstrassen und Gemeinde / Städte bei Gemeinde-/Stadtstrasse). Bei der Lärmsanierung von Strassen muss das Ergreifen von Massnahmen gemäss folgenden Prioritäten erfolgen:

  1. Emissionsbegrenzende Massnahmen an der Quelle
  2. Emissionsbegrenzende Massnahmen auf dem Ausbreitungsweg (z.B. Lärmschutzwände)
  3. Lärmschutzmassnahmen beim Empfänger (bauliche oder gestalterische Massnahmen am Gebäude selbst)

Lärmschutzmassnahmen auf dem Ausbreitungsweg

Lärmschutzwände, die den Schall unterbrechen und so verhindern, dass dieser an die Wand des Hauses gelangt, gehören zu den Lärmschutzmassnahmen im Ausweitungsbereich. Obwohl man sie häufig an den Seiten von lauten Autobahnstrecken, Hauptstrassen und Zuggleisen sieht, sind sie etwas in Verruf geraten, unter anderem da sie die Ästhetik stören.

Es gibt drei Arten von Lärmschutzwänden, die verbaut werden: solche aus reinem Glas, solche aus Holz oder Beton (mit einer schallabsorbierenden Oberfläche) und Kombinationen aus beidem (unten Beton oder Holz, oben ein Aufsatz aus Glas). Grundsätzlich ist man bestrebt, auch Lärmschutzwände oder Aufsätze aus Glas zu realisieren, da dadurch die Aussicht verbessert oder der Strassenraum weniger einengend wirkt. Oftmals werden auf dem Glas vertikale Linien zum Vogelschutz eingezeichnet. Wenn die Streifen horizontal wären, würden die Vögel reinfliegen, da sie dort annehmen, sie könnten zwischendurch fliegen. Lärmschutzwände aus Glas können jedoch nur an Orten realisiert werden, an denen sich auf der gegenüberliegenden Seite keine Wohnhäuser befinden, da die Schallreflexion auf der schallharten Oberfläche des Glases zu einer erhöhten Lärmbelastung bei diesen Häusern führen kann. In solchen Situationen sind Lärmschutzwände aus Holz oder Beton mit einer schallabsorbierenden Oberfläche auf der Fahrbahnseite zu bevorzugen. Lärmschutzwände haben einen extremen Einfluss auf die Stadt- und Ortsbilder, was sie nicht gerade zur elegantesten Lärmschutzmassnahme macht.

Lärmschutzmassnahmen beim Empfänger

Beliebter sind raumplanerische Massnahmen direkt an den Gebäuden, beispielsweise bei der Grundrissgestaltung oder Ersatzmassnahmen, wie beispielsweise Schallschutzfenster. Wo möglich, sollte der Grundriss schon so geplant werden, damit die Grenzwerte nicht überschritten werden, ohne dass Ersatzmassnahmen in Angriff genommen werden müssen. Eine Grundformel im Grundrissplan der raumplanerischen Massnahmen ist, dass Wohnzimmer, Ruhe- und Schlafzimmer auf der hinteren Seite der Bebauung und weniger lärmempfindliche Räume wie Küchen und Abstellräume auf der Strassenseite geplant werden. Lüftungsfenster sind vorzugsweise auf der strassenabgewandten Seite einzurechnen.

Projekt Ausserschachen

Das Projekt «Neue Überbauung Ausserschachen» ist ein nennenswertes Beispiel, bei welchem mehrere geschickte raumplanerische Massnahmen umgesetzt wurden. Die moderne Überbauung an der Luzernerstrasse 59 in der Gemeinde Ebikon wurde von der Bauherrschaft katholische Kirchgemeinde Stadt Luzern geleitet. Das Projekt wurde sogar in der Wochenzeitung Luzerner Rundschau aufgegriffen (Luzerner Rundschau, 2022). Erfolgreiche Lärmschutzmassnahmen sind an lauten Orten besonders wichtig. In diesem Fall bildet die nahe Hauptstrasse die zentrale Lärmquelle. Besonders zu erwähnende vollzogene Lärmschutzmassnahmen sind der Lärmriegel an der Kantonsstrasse mit durchgesteckten Wohnbereichen und Loggien gegen die Strasse. Durch diese Massnahmen entsteht ein ruhiges Gebiet lärmabgewandt, wovon auch die drei Punktbauten in der zweiten Bautiefe profitieren. Das Holz, das an der Fassade verbaut wurde, dient ausserdem der Reduktion der Schallreflexion. Insgesamt konnte durch diese baulichen Massnahmen konnte eine markante Schallreduktion von 10 Dezibel erreicht werden.

Google Maps Ausschnitt der neuen Überbauung Ausserschachen von oben

Hauptstrasse als Lärmquelle

Die Luzernerstrasse durch Ebikon ist eine sehr laute Hauptstrasse. In der Abbildung vom Strassenlärmkataster 2018 lassen sich verschiedene Messungen und Prognosen für das Jahr 2026 an ausgewählten Punkten des Kantons Luzern ablesen. Der Strassenlärmkataster zeigt, wie stark einzelne Gebäude entlang der Kantonsstrassen mit Strassenlärm belastet sind und bildet die Grundlage zur Bekämpfung des Lärms und insbesondere zur Planung und Durchführung der erforderlichen Sanierungsmassnahmen (rawi Kanton Luzern, 2023).

Die roten Punkte zeigen Alarmwert- und die gelben Punkte Immissionsgrenzwertüberschreitungen an, wie sie in der LSV definiert sind (Kantonsärztliche Dienste, 2010). Die vielen gelben Punkte zeigen an, dass nahe der Hauptstrasse die Immissionsgrenzwerte an den Gebäuden oft überschritten werden.

Aus der Abbildung unten wird ersichtlich, dass die Luzernerstrasse eine laute und stark befahrene Strasse ist. Die Prognose des Verkehrsaufkommens schätzt, dass im Jahr 2026 pro Tag 17’300 Fahrzeuge – und tagsüber stündlich 952 Fahrzeuge – diese Strasse befahren werden. Ausserdem handelt es sich um eine Strecke mit Tempolimit 50 km/h. Die Prognose der Lärmemissionen direkt an der Strasse beträgt tagsüber 80.2 dB und nachts 74.5 dB. Durch die Abstandsdämpfung nehmen diese Emissionswerte noch etwas ab, je weiter das Gebäude vom Lärmherd entfernt ist. Und je höher das Stockwerk, desto geringer wird der gemessene Immissionswert: im Schnitt nimmt dieser 0.5 dB ab pro Stockwerkerhöhung. Lärmschutzmassnahmen sind aufgrund der grossen Lärmemissionen an dieser Strasse angezeigt.

Prognose Luzernerstrasse 2026 im Strassenlärmkataster (rawi Kanton Luzern, 2018)

Zur Darstellung der Lärmsituation an der Luzernerstrasse bei der neuen Überbauung Ausserschachen in Ebikon einige Ton- und Videoaufnahmen:

Strassenlärm Ausserschachen Ebikon, 2023-01-25
Lärmquelle Luzernerstrasse im Abendverkehr, Überbauung Ausserschachen rechts, 2022-01-25

Lärmquelle Luzernerstrasse im Abendverkehr, aus Perspektive der Überbauung Ausserschachen, 2022-01-25

Lärmschutzmassnahmen Ausserschachen

… an der Quelle

Am hier gewählten Beispiel in Ebikon wurden Massnahmen weniger an der Quelle und mehr im Ausbreitungsweg und an den Gebäuden selbst durchgeführt. Die Strasse hat ein Tempolimit von 50km/h. Im Rahmen der Lärmsanierung der Luzernerstrasse wurden Massnahmen an der Quelle geprüft und der Kanton kam zum Schluss, dass diese unverhältnismässig sind, insbesondere die Geschwindigkeitsreduktion. Es ist jedoch sicher, dass bei einem Ersatz des Strassenbelages ein lärmarmer Deckbelag eingebaut wird. Der bisherige Belag ist in schlechtem Zustand und verstärkt die Lärmbelastungen. Der Einbau eines lärmarmen Deckbelages würde für die Bewohner:innen eine wesentliche und spürbare Reduktion der Lärmbelastung bedeuten. Im Rahmen der Beurteilung von Bauprojekten entlang von Strassen verlangt die Fachstelle Lärmschutz von den Projektverfasser:innen keine Prüfung, ob Massnahmen an der Quelle umsetzbar sind. Sie haben darauf keine Verfügungsgewalt, da die Strassen im öffentlichen Eigentum sind. Die Situation auf der Strasse (Belag, Geschwindigkeit, Verkehr) muss dann so im Lärmgutachten angenommen werden, wie sie ist.

… auf dem Ausbreitungsweg

An der lauten Luzernerstrasse wurden an mehreren Stellen Lärmschutzwände aufgebaut. Da der Lärm durch die Motoren und das schelle Reiben der Reifen an den Belägen nicht bereits an der Quelle vermindert wurde, wird versucht, den Lärm auf dem Ausbreitungsweg abzudämpfen. Unten ein paar Beispiele dieser Lärmschutzwände entlang der Luzernerstrasse in der Nähe der neuen Überbauung Ausserschachen.

Lärmschutzwände entlang der Luzernerstrasse in Ebikon (Fotos: Jasmin Helbling)

… raumplanerische Massnahmen an den Gebäuden

An der neuen Überbauung Ausserschachen sind besonders die drei raumplanerische Massnahmen Lärmriegel, durchgesteckte Wohnbereiche und Loggien zu nennen. Diese Methoden werden im Folgenden etwas genauer beschrieben.

Lärmriegel und Durchlüftung

Die Bautechnik des Lärmriegels ist eine Antwort auf die laute Hauptstrasse auf der einen Seite der Bebauung. Bei der Methode des Lärmriegels wird eine lange, möglichst geschlossene Bebauung an die Strasse gestellt, die den Lärm auch für das Gebiet auf der anderen Seite der Bebauung abblockt. Im Fall des Beispiels an der Luzernerstrasse profitieren die drei Punktbauten hinter dem Lärmriegel von dieser Lärmabblockung. Zwischen dem Lärmriegel und den drei Punktbauten wurde eine Erholungs- und Begegnungszone gestaltet.

Erholungs- und Begegnungszone zwischen der Riegelbebauung und den drei Punktbauten (Foto: Jasmin Helbling)

Wichtig zu beachten bei langen und hohen Riegelbauten ist die Durchlüftung. Die gute Durchlüftung mit Kaltluftströmen ist Thema der klimatisch optimierten Bauweise. Riegelbauten, die den Kaltluftstrom wesentlich behindern, sind unerwünscht, da dort die abgewandte Seite nicht belüftet werden kann. Bei genügend tiefen Riegelbauten können die Kaltluftströme die Bauten oben und seitlich umfliessen. Entschärft werden kann die Durchlüftungsproblematik bei hohen Riegelbauten durch bauliche Lücken im Gebäuderiegel.

Eine der Lücken im Bauriegel, von der Perspektive der Erholungszone (Foto: Jasmin Helbling)

Durchgesteckte Wohnbereiche

Durchgesteckte Wohnbereiche zeichnen sich durch eine lärmabgewandte Belüftung durchgehender Räume aus (z.B. Wohnen, Essen und Kochen sind nicht getrennt). Die Idee ist, dass durchgehende Räume zwischen einer lärmbelasteten Gebäudeseite, z.B. an der Straße, und einer ruhigen Gebäudeseite über die Fenster der lärmabgewandten Seite belüftet werden. Damit diese Belüftung funktioniert, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Diese Bedingungen umfassen Distanz-, Breiten- und Höhenbeschränkungen und beinhalten beispielsweise, dass die Distanzlinie vom Lüftungsfenster zum Raum-Mittelpunkt nicht durch Einbauten wie Küchenkombinationen, Kästen und Stürze unterbrochen werden. Die Methode der durchgesteckten Wohnbereiche ermöglicht so das lärmarme Lüften.

Beispielhafte Skizze eines durchgesteckten Wohnbereichs (Cercle Bruit, 2022)

Balkone und Loggien

Manchmal kommt es vor, dass nicht alle lärmempfindlichen Räume (z.B. Schlafen, Ruhe und Wohnen) auf der ruhigen Gebäudeseite angeordnet werden können. In diesem Fall können Balkone und Loggien die Lärmbelastung vermindern. Die Lärmreduktion bei schalltechnisch optimierten Balkonen und Loggien gegenüber von Fenstern aussen an der Fassade kann bis zu zwei bis sechs Dezibel (dB) betragen. Der Unterschied der Loggia zum Balkon besteht darin, dass sie einen integrierten Teil des Gebäudes bildet und von zwei bis drei Seiten von Hauswänden umgeben ist.

Balkon (Cercle Bruit, 2022)
Loggia (Cercle Bruit, 2022)

Damit es zu dieser Lärmreduktion kommt, müssen gewisse bautechnische Voraussetzungen erfüllt sein. Ansonsten können Balkone und Loggien durch Reflexionen an den Untersichten und Decken den Lärm sogar erhöhen. Deshalb sind absorbierende Deckenuntersichten für die Lärmreduktion mittels Balkons und Loggien zwingend. Damit wird nicht nur die Lärmsituation in den Räumen hinter den Balkonen oder Loggien reduziert, sondern es wird durch die verminderte Halligkeit die akustische Aufenthaltsqualität in den Balkonen oder Loggien selbst erhöht.

Hingegen im Erdgeschoss oder in grösserer Entfernung zur Lärmquelle auch im ersten Obergeschoss oder noch höher machen Balkone und Loggien als Lärmschutzmassnahme nicht viel Sinn, da aufgrund des Winkels keine genügende Abschirmung zu erwarten ist. Als Faustregel sind sie grundsätzlich nur dort für den Lärmschutz einzusetzen, wo die Distanz zwischen Lärmquelle (z.B. Strasse) und Gebäudefassade horizontal höchstens 100 Meter beträgt. In den höheren Stockwerken und nahe der Lärmquelle sind Loggien und Balkone hingegen eine beliebte Lärmschutzmassnahme, die den Bewohner:innen zusätzlich einen (bei Loggien ausserdem windgeschützten) Aussenraum bieten.

Lärmseitige Gebäudefront Ausserschachen, inkl. Loggien (Foto: Jasmin Helbling)

Die drei Lärmschutzmassnahmen Riegelbauten, durchgesteckte Wohnräume und Loggien wurden bei der neuen Überbauung Ausserschachen in Ebikon erfolgreich angewendet. Wie bereits erwähnt, konnte durch diese baulichen Massnahmen eine Reduktion der Lärmbelastung um 10 dB erreicht werden. Es gibt noch weitere raumplanerische Massnahmen, die je nach Projekt zu einer lärmoptimierten Gegend beitragen können. Die Webseite Baukultur Lärm (Cercle Bruit & ZHAW, 2022) nennet weitere mögliche bauliche Massnahmen: Kamm, Hof, Überhöhe, Atrium, Pufferraum und Erker.

Schlussbemerkung

Lärm ist allgegenwertig. Das Ziel dieses Textes war, die Aufmerksamkeit auf das oft unter den Teppich gekehrte Thema der Lärmverschmutzung zu lenken und eine lösungsorientierte Perspektive dieser Herausforderungen aufzuzeigen. Was können wir tun, um den Lärm einzudämmen? Der Lärmschutz spielt eine entscheidende Rolle zum Erhalt und der Schaffung ruhiger Orte für ein nachhaltiges, glückliches und gesundes Zusammenleben zwischen Menschen, Tieren und Pflanzen. In Zukunft wäre es meiner Meinung nach sinnvoll, vermehrt Lärmschutzmassnahmen an der Quelle zu fördern. Würden wir weniger Lärm produzieren, müssten wir uns weniger den Kopf darüber zerbrechen, wie wir ihn wieder loswerden.

Literatur

Cercle Bruit. (o. J.-a). Lärm.ch—Lärm gefährdet Tiere. Abgerufen 21. Januar 2023, von http://www.laerm.ch/de/laerm-und-ruhe/laerm-und-gesundheit/laerm-und-tiere/laerm-gefaehrdet-tiere/laerm-gefaehrdet-tiere.html

Cercle Bruit. (o. J.-b). Lärm.ch—Leben im Lärm. Abgerufen 25. Januar 2023, von http://www.laerm.ch/de/laerm-und-ruhe/bauen-im-laerm/leben-im-laerm.html

Cercle Bruit. (2022). Bauen im Lärm. https://www.bauen-im-laerm.ch/

Cercle Bruit & ZHAW. (2022, Februar 23). Baukultur Lärm. https://baukultur-laerm.ch/

Kantonsärztliche Dienste. (2010). Gesundheit und Lärm im Kanton Luzern. Standortbestimmung.

Ledebur, M. von. (2022, Dezember 16). Lärmschutz Zürich: Wende beim Bauen an lärmigen Strassen. Neue Zürcher Zeitung. https://www.nzz.ch/zuerich/wende-beim-bauen-an-lauten-lagen-in-der-stadt-zuerich-koennten-hunderte-von-auf-eis-gelegten-wohnungen-auf-den-markt-kommen-ld.1717562

Ledebur, M. von. (2023, Januar 5). Tempo 30 in der Schweiz: Zürich ist ein schlechtes Vorbild. Neue Zürcher Zeitung. https://www.nzz.ch/meinung/tempo-30-in-der-schweiz-zuerich-ist-ein-schlechtes-vorbild-ld.1719002

Luzerner Rundschau. (2022, November 7). Familienfreundliches Wohnen im Ebikoner Ausserschachen. Luzerner Rundschau. https://www.luzerner-rundschau.ch/region/detail/article/familienfreundliches-wohnen-im-ebikoner-ausserschachen-00218985/

rawi Kanton Luzern. (2018). Strassenlärmkataster 2018. https://www.geo.lu.ch/map/strassenlaerm?FOCUS=2650133:1225450:3000

rawi Kanton Luzern. (2023, Januar 21). Strassenlärmkataster 2018: Immissionspunkte (SLKT18IP_DS)—Metadaten Kanton Luzern. https://www.geo.lu.ch/meta/?fc=GEO_00101188001

TEC2 AG. (o. J.). Lärmschutz und Einhaltung der Lärmschutzverordnung | TEC2 AG. TEC 2. Abgerufen 25. Januar 2023, von https://www.tec2.ch/laermschutz/

Umwelt und Energie Kanton Luzern. (2023). Lärmschutz—Kanton Luzern. https://uwe.lu.ch/themen/laermschutz

Persönliche Interessengebiete im Zusammenhang mit dieser Arbeit sind Stadtplanung, Design, Fotografie und Kunst. Ich studiere im Major Psychologie mit Minor Sozialanthropologie und Sozialwissenschaften.
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